Kurz gesagt

Die Myokarditis ist eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskelgewebes und kann infektiös bedingt sein (dann v.a. viral), oder nicht. Genauer gesagt kommt es im Rahmen der Entzündung zu einer Schädigung der Kardiomyozyten und einer Infiltration des Herzmuskels mit Entzündungszellen. Daraus resultieren Nekrosen, bzw. eine Degeneration von Myozyten. Eine ischämische Ursache ist ausdrücklich ausgeschlossen.

Sie kann akut auftreten oder sich zu einer chronischen Myokarditis entwickeln. 

Bei etwa 10% aller jungen Menschen (in Deutschland) die plötzlich versterben, wird als Zufallsbefund eine Myokarditis diagnostiziert. 

Es wird angenommen dass 1-5% aller viralen Infektionen mit einer Myokarditis einhergehen.

Daher und aufgrund der unspezifischen Symptomatik sollte seitens dem Rettungsdienst der genauen Anamnese eine besondere Bedeutung zugedacht und dieses Krankheitsbild stets im Hinterkopf gehalten werden. 

Symptomatik 

Meistens verläuft eine Myokarditis wohl asmptomatisch. Ein allgemeines Krankheitsgefühl, Symptomatiken eines grippalen Infekts, Müdigkeit, Leistungsverlust und Palpitationen können auftreten.

Bei schwereren Verläufen kann es zu (teils lebensbedrohlichen) Herzrhythmusstörungen kommen. Oft beobachtet sind an dieser Stelle supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasystolen, sowie ventrikuläre Tachykardien, die sich bis zum Kammerflimmern entwickeln können.

Thorakale, inspirationsabhängige Schmerzen treten vor allem bei einer Mitbeteiligung des Perikards auf. Hier sprechen wir dann von einer „Perimyokarditis“.

HRST (Herzrhythmusstörungen)

  • supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasystolen
  • AV-Blockaden
  • Schenkelblockaden
  • bis hin zu malignen ventrikulären Tachykardien (auch Kammerflimmern)

Herzinsuffizienz

  • Belastungsdyspnoe, Ödeme, Bewusstseinsbeeinträchtigung

Anamnese

Patienten berichten oftmals von einem (teils banalen) Infekt, welcher gerne schon mehrere Tage oder Wochen zurückliegt. 

Der Faktor Sport, bzw. körperliche Anstrengung während oder kurz nach dem Infekt, kann durchaus fördernd auf die Bildung einer Myokarditis wirken. Diese können sich aber auch trotz konsequenter Schonung entwickeln.

  • A: I.d.R. kein Pathologischer Befund
  • B: Auskultationsbefund abhängig von der Infektursache (z.B. Lunge), i.d.R. kein alarmierender Befund, bei schweren Verläufen teils Brodeln
  • C: Die Vitalparameter können normal sein, infektbedingt evtl. leicht erhöhte Herzfrequenz. Bei schweren Verläufen kann es im Rahmen einer Herzinsuffizienz bis hin zu einer Schocksymptomatik kommen, mit allen Zeichen die die Vitalparameter betreffen (HF höher als syst. Druck, verlängerte Rekap-Zeit, Bewusstseinsstörungen)
  • D: i.d.R. kein pathologischer Befund, außer Bewusstseinsstörungen welche im Rahmen der akuten Herzinsuffizienz auftreten können
  • E: Bei Auskultation des Herzen kann ein dritter Herzton hörbar sein, ist das Perikard mit beteiligt ist ein sog. Perikardreiben zu hören. Der dritte Herzton kann bei Kindern und Jugendlichen physiologisch sein. Bei über 40-jährigen ist er meist pathologisch.

EKG

Durch die Mitbeteiligung von äußeren Myokardschichten treten Veränderungen der ST-Strecke (Hebungen & Senkungen), sowie pathologische Q-Zacken und / oder T-Negativierungen auf, die sich aber meist nicht einem bestimmten Versorgungsgebiet zuordnen lassen. Die Veränderungen lassen sich bei über 90% der hospitalisierten Fälle finden!

Nicht selten finden sich auch infarktähnliche Muster, welche auch mit pektanginösen Beschwerden und (später in der Klinik) einer Erhöhung der Herzenzyme einhergehen. Bei der Gesamtschau des EKG wird aber schnell deutlich dass die betroffenen Ableitungen nicht richtig zueinander passen. Ein schönes Beispiel dafür findest du auf Fokus-EKG!

Bei schweren Myokardbeinträchtigungen sind AV-Blockierungen bis Grad III, Schenkelblockaden und QRS-Verbreiterungen möglich. Auch eine nicht vorbeschriebene Niedervoltage bei korrekt angelegtem EKG spricht für einen schweren Verlauf, ggf. sogar einen ausgeprägteren Perikarderguss (der auch generell in geringem Ausmaß vorkommen kann).

Therapie 

Die Therapie erfolgt in erster Linie symptomorientiert: körperliche Schonung, ggf. Bettruhe. Kommt der Rettungsdienst hinzu sind teilweise schon fortgeschrittenere Symptome zu finden, wie etwa HRST oder thorakale Schmerzen. An dieser Stelle wird deutlich dass bei jedem „Brustschmerz“ die Frage nach einem kürzlichen Infekt gestellt werden sollte.

  1. Vollständiges Monitoring mit 12-Kanal-EKG (innerhalb der ersten 10 Minuten)
  2. Bei Bedarf O2-Gabe, nicht routinemäßig bei SpO2-Werten über 92% (Nur wenn Infarkt ausgeschlossen)
  3. Je Nach Zustand des Patienten (akute Herzinsuffizienz, Schock, Brustschmerz..) NEF-Ruf
  4. Bei Hypotonie, HRST (auch Tachykardie), Lungenödem, Dyspnoe oder sonstigen kritischen Symptomen: Anlage i.v.-Zugang
  5. Bei Lungenödem entsprechend der SAA / SOP: Glyceroltrinitrat und Furosemid
  6. Bei Thoraxschmerz und ST-Hebungen wird bis zum Ausschluss des Myokardinfarkts nach STEMI-Leitlinie behandelt
  7. Therapie der Herzinsuffizienz: Herzbettlagerung (erhöhter Oberkörper mit herabhängenden Beinen), führt diese Lagerung zu einem untolerierbaren RR-Abfall wird der Pat. flach gelagert
  8. Bei Dyspnoe erfolgt die Gabe einer individuellen Dosis Morphin.
  9. Symptomatische Rhythmusstörungen behandeln, z.B. mit Antiarrhythmika, notfalls Kardioversion
  10. Bei Hypotonie/kardiogener Schock: 
  • Dobutamin (pos. inotrop) über Perfusor: Dosis: 0,12-0,6 mg/kg KG/Std., Dosierung: 250 mg/ 50 ml, Laufrate beginnend mit 2 ml/Std., ggf. steigern
  • Wegen Vasodilatation immer: Noradrenalin: Dosis: 0,9 – 6 µ/kg KG/Std., Dosierung: 5 ml (5 mg) mit 45 ml in 50 ml Spritze aufziehen, Laufrate zu Beginn: 2-5 ml / Std., individuell nach Wirkung anpassen

11. Bei therapierefraktärer Bradykardie: Adrenalin gem. SAA / SOP

Weiter: symptomorientiert, weiteres Vorgehen folgt der Therapie der Herzinsuffizienz, der HRST und bei Thoraxschmerzen der des AKS. Bei ST-Hebungen wird bis zum Beweis des Gegenteils nach STEMI-Leitlinie gehandelt. 

Differentialdiagnosen 

  • AKS (EKG lässt sich eher einem Versorgungsgebiet zuordnen, Befund der Koronarangiografie)
  • Aortendissektion
  • Tako-Tsubo
  • hypertrophe Kardiomyopathie
  • LAE
  • Refluxösophagitis
  • muskuloskelettale Beschwerden

Klinische Diagnostik

  • Sonographie: Eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion, Wandbewegungsstörungen oder begleitender Perikarderguss
  • Kardio-MRT: Kontrastmittelanreicherungen erkennbar 
  • Koronarangiografie i.d.R. o.p.B.
  • Eindeutige Diagnosesicherung mittels Myokardbiopsie
  • Troponin T/I erhöht
  • CK / CK-MB erhöht

Therapie Klinik

  • Weitere symptomatische Therapie 
  • Kausale Therapie selten möglich, oftmals vollständige Ausheilung 
  • Schonung, keine körperliche Anstrengung 
  • Bei nachgewiesenen Erregern kann eine antibiotische Therapie erfolgen 

Fazit

Gerade bei jungen Patienten ohne einen Hinweis auf eine strukturelle Herzerkrankung sollte bei Abgeschlagenheit, sowie kardialen Problemen (AV-Blöcke, Tachykardien, …) stets die Myokarditis im Hinterkopf behalten werden, erst Recht wenn die Symptomatik postinfekt auftritt. 

Die meisten Myokarditien verlaufen teils symptomlos und  heilen ohne Folgeschäden ab. Postmyokarditische Herzinsuffizienzen sind aber möglich, v.a. bei nicht-viralen Ursachen. 

Die Therapie ist in der Regel symptomorientiert. 

Quellen

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hi! Wir verwenden ausschließlich technisch notwendige Cookies die dem einwandfreien Betrieb der Webseite dienen.

Datenschutzerklärung